VerTRAUEN ist der Anfang von allem. Aber was ist es sonst noch?

Laut Wikipedia ist die Sache klar: Vertrauen ist ganz einfach die subjektive Überzeugung oder das Gefühl von der Richtigkeit und Wahrheit von Handlungen, Einsichten und Aussagen bzw. der Redlichkeit von Personen. Vertrauen kann sich also auf jemand anderen oder
das eigene Ich beziehen. Das ist dann Selbstvertrauen. So weit, so gut. Oder auch nicht.
Eher ein Grund, sich etwas mehr damit zu beschäftigen, was Vertrauen ist und wie man es fördern kann.

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Mein Lebenspartner sagt seit Beginn unserer Beziehung immer zu mir: „Ich bin liebt!“ Mit dem kleinen Zusatz „ver“ verbindet er, dass etwas „ver“laufen, „ver“gangen oder „ver“loren ist, und somit haben diese kleinen Buchstaben in seiner Welt nichts mit dem Wort Liebe zu schaffen. Learning Nummer eins: VerTRAUEN hat also viel mit „sich trauen“
zu tun. Learning Nummer zwei: Vielleicht gibt es deshalb so viele Scheidungen, wenn die meisten Menschen VERheiratet sind?! ;O))

Aber im Ernst – was ist für Sie Vertrauen? Wann trauen Sie jemandem „über den Weg“? Ganz gleich, wie Ihre Antwort ausfällt, sie ist mit Sicherheit höchst subjektiv. Denn Vertrauen ist – wie ich es oben bereits „fett“ angemarkert habe – ein Gefühl! Und das ist von Mensch zu Mensch verschieden und von den gemachten Erfahrungen abhängig. Manche Menschen geben sofort oder sehr schnell einen Vertrauensvorschuss, vielleicht weil sie noch nie oder selten enttäuscht wurden. Ganz anders sieht das bei Menschen aus, die schon oft auf ihre „Spürnase“ gefallen und hintergangen worden sind. Für sie sind Menschen, die schnell vertrauen und viel Preis geben, wohl eher ein Stück weit naiv.

Auch die Wissenschaft hat sich mit diesem Thema bereits intensiv befasst. Jedes Erlebnis, jede Erfahrung, die wir gemacht haben, wird in unserem Gehirn im Hippocampus gespeichert und durch unsere sogenannte Amygdala emotional bewertet und eingestuft. Gleichzeitig bekommt jedes Erlebnis einen sogenannten somatischen Marker – eine Verbindung, einen Anker – in unserem Körper. Durch diese Hirn-Körper-Achse können neue Erfahrungen, die uns an etwas erinnern, sofort ein Gefühl auslösen, das mit einer älteren, sehr ähnlichen Erfahrung verknüpft ist. Lerne ich also einen neuen Menschen kennen und irgendetwas – ein Lächeln, ein Ohrring, ein Satz, eine Bewegung, ganz besonders ein Geruch – an ihm oder ihr erinnert mich an einen Menschen, den ich sehr mag, dann schenke ich ihm oder ihr leichter und schneller Vertrauen. Besonders Gerüche lösen sehr leicht und schnell ein Gefühl aus, da sie ungefiltert ins Gehirn gelangen. Der Grund: Der Geruchssinn – der Paleocortex – ist in direkter Nähe zu Hippocampus und Amygdala lokalisiert und besitzt einen direkten „Draht“ zu diesen beiden. Langer Rede kurzer Sinn: Wenn ich durch diese ganzen Prozesse im Gehirn ein gutes Gefühl habe, dann vertraue ich schneller.

Aber was ist, wenn ich ein sehr skeptischer Mensch bin? Vertrauen – tiefes Vertrauen – braucht Zeit! Das kann durchaus schon mal ein gutes Jahr dauern. Und vielleicht brauche ich einfach immer wieder kleine Beweise. Zum Beispiel, dass jemand etwas für sich behält und nicht weitererzählt. Oder dass jemand etwas verlässlich erledigt. Und wenn ich mich verlassen kann, dann kann ich auch loslassen und trauen.

Es gibt allerdings noch ein weiteres spannendes psychologisches Phänomen. Manchmal entwickeln Menschen zu einer Person, die sie anfangs gar nicht leiden konnten, später sogar ein innigeres und tieferes Verhältnis, als wenn sie diese Person gleich gemocht hätten. Dies hängt mit der sogenannten „emotionalen Spanne“ zusammen.

Habe ich zuerst einen negativen Eindruck, ein negatives Gefühl und mir schießen Gedanken durch den Kopf wie „was für ein arroganter Typ“, „was für eine oberflächliche Lady“ und verhält sich dieser Mann, diese Frau dann in der Kommunikation mir gegenüber auf einmal ganz anders und entgegen meiner Erwartungen, dann passiert Folgendes: Ich bin mit meinen Emotionen erst auf der negativen Seite meiner Skala gestartet und „wandere“ dann emotional auf die positive Seite. Und je größer dieser Unterschied ist, umso mehr bin ich emotional bewegt und fühle mich vielleicht am Ende sogar wohler und vertrauter mit dieser Person, als ich es getan hätte, wenn sie mir gleich sympathisch gewesen wäre. Verrückt, nicht wahr? ;O)

Ja, wir Menschen sind schon kleine Wunder – nicht nur körperlich, sondern vor allem in unseren Gedanken und Gefühlen. Und hier geht es um weit mehr als um ein paar Synapsen, die „feuern“ und um Hormon-Cocktails. Besonders spannend wird es übrigens dann, wenn wir lernen, wie wir die Feuerwerke in unserem Gehirn selbst regulieren und verändern können. Aber das wird noch ein separater Beitrag in diesem Blog sein.

Auch in den zahlreichen Unternehmen, in denen ich Workshops gestalten und Führungskräfte coachen darf, ist Vertrauen ein zentrales Thema. Immer wieder sehe und fühle ich, dass Vertrauen – oder vielmehr fehlendes Vertrauen und mangelnde offene und wertschätzende Kommunikation – die Hauptfaktoren sind, warum Probleme, AbTEILUNGEN, Fehlinterpretationen und oft schon verhärtete Konflikte überhaupt entstehen. Auslöser fehlenden Vertrauens ist dabei oftmals auch, dass wir Situationen auf Basis unserer negativen Erfahrungen fehlinterpretieren. Ohne Übertreibung: Die Movie-Show in unserem Gehirn ist ein wahres Feuerwerk, das uns falsche Tatsachen vorspiegeln kann. Also: Glauben Sie nicht immer, was Sie denken!

Vertrauensbildung ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Je nach Stadium und Situation mache ich in meinen Workshops deshalb Übungen, die das Vertrauen fördern. Beim „Casino des Vertrauens“ zum Beispiel sitzen die Teilnehmer – meist abends – im Kreis und jeder darf in dieser Runde irgendetwas über sich erzählen, das peinlich ist, das lustig ist und das noch keiner weiß. Das ist eine erste Probe, ob diese Dinge auch in diesem Kreis bleiben.

Manchmal kündige ich auch abends an, dass wir am nächsten Morgen vor dem Workshop eine Runde spazieren gehen. Ich sage den Kandidaten dann bereits vorab, dass ich nichts tun werde außer mitzugehen. Sie müssen sich selbst organisieren, und während des Spaziergangs bleibt immer wieder jemand stehen und vertraut der Gruppe etwas an. Hier sieht man sehr deutlich, wie weit die Teilnehmer schon sind. Es kommt dann schon mal vor, dass wir gehen und gehen, die Zeit ist um, niemand hat etwas gesagt, oder es wurde nur Belangloses erzählt. Wieder im Workshopraum angekommen frage ich dann, ob nicht etwas vergessen wurde? Dann kommt oftmals die Ausrede „Mir ist nichts eingefallen“ oder „Wenn keiner etwas sagt, dann sage ich auch nichts“. In Wirklichkeit aber sind sich die Teilnehmer dann einfach noch nicht sicher, ob sie der Gruppe etwas anvertrauen können oder wollen. Vertrauensbildung ist also ein step by step Prozess, und muss vom Coach oder Trainer sorgsam und mit viel Gefühl moderiert werden.

Auch in systemischen Aufstellungen kann man über Nähe, Abstand und andere Hilfsmittel Vertrauen sehr bildhaft und emotional zum Thema machen. Vorausgesetzt, man verfügt über die notwendige Erfahrung, da sich hier meist sehr viel „bewegt“. Aber gerade solche und andere gemeinsamen Erlebnisse, die von Spielen bis hin zu außergewöhnlichen Situationen oder Aufgaben reichen, bringen Menschen wirklich in Bewegung und in den Lösungs- und Vertrauensmodus.

Sie sehen: Es gibt zahlreiche vertrauensfördernde Übungen, die einfach sind, aber viel bewirken. Es muss nicht immer kompliziert sein. Wie so oft sind es auch hier gerade die einfachen Dinge, die uns überraschen oder berühren. In diesem Sinne … lassen Sie sich von sich selbst und anderen positiv überraschen. Vertrauen Sie sich und anderen. Es lohnt sich.

DARE to trust!

Ihre Daniela Rebholz

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